Viel hilft viel? Exzessives Arbeiten und Erschöpfung
Exzessives Arbeiten ist in verschiedenen arbeitspsychologischen Theorien ein Kernelement des Workaholismus. Es zeigt sich auf der Verhaltensebene in Form von außergewöhnlich langer Arbeitszeit sowie Arbeiten über das geforderte Maß hinaus, selbst wenn es zu Einschnitten im privaten, sozialen oder gesundheitlichen Bereich führt. Im Rahmen unserer Studie berichteten die in der Wissenschaft Beschäftigten vermehrt Arbeitszeiten, die über der vereinbarten Dauer lagen. Lag die vertragliche Arbeit durchschnittlich bei 33,8 Stunden pro Woche, wurden tatsächlich im Durchschnitt 44,1 Stunden gearbeitet. Exzessives Arbeitsverhalten ist aber nicht nur mit negativen, sondern auch mit positiven Auswirkungen in Form von Engagement verbunden, welches sich ebenfalls in erhöhtem Arbeitsaufkommen zeigt. Abgegrenzt werden beide voneinander, indem die Motivation für das erhöhte Arbeitspensum betrachtet wird. Beim Engagement liegt eine intrinsische Motivation vor, indem die Arbeit von der Person als befriedigend wahrgenommen wird und diese Person ihre Arbeit mag. Bei exzessivem Arbeiten als Workaholismus-Facette fühlen sich die Betroffenen durch äußere Faktoren, wie beispielsweise Schuldgefühle und Versagensängste zur Arbeit getrieben.
In unserer Analyse war exzessives Arbeiten einer der stärksten Prädiktoren für Erschöpfung ein Jahr später. Personen, die angaben, sich oft in einem Wettlauf mit der Zeit zu befinden, stets beschäftigt zu sein, mehr Zeit mit der Arbeit als mit Freunden zu verbringen oder meistens länger als die Kollegen zu arbeiten, waren bereits ein Jahr später deutlich erschöpfter und fühlten sich ihrer Arbeit weniger gewachsen. Exzessives Arbeiten erhöht folglich das Risiko, Erschöpfungssymptome zu erleiden.
Wie ist das eigentlich bei Ihnen? Arbeiten Sie auch eher mehr als Sie müssten? Falls ja: Fühlen Sie sich erschöpft oder bringt es Ihnen Spaß?
Weiterführende Literatur finden Sie unter anderem bei:
Ng, T. W. H., Sorensen, K. L. & Feldman, D. C. (2007). Dimensions, antecedents, and consequences of workaholism. A conceptual integration and extension. Journal of Organizational Behavior, 28, 111-136. doi: 10.1002/job.424
Schou Andreassen, C., Griffiths, M. D., Hetland, J. & Pallesen, S. (2012). Development of a work addiction scale. Scandinavian journal of psychology, 53, 265-272. doi: 10.1111/j.1467-9450.2012.00947.x
Spurk, D., Hirschi, A., & Kauffeld, S. (2016). A new perspective on the etiology of workaholism: The role of personal and contextual career-related antecedents. Journal of Career Assessment, 24, 747-764. doi:10.1177/1069072715616127
* Die im Rahmen dieses Beitrags ausgewerteten Daten beziehen sich nur auf einen Ausschnitt der Daten aus der Langzeitstudie. Da die Verlaufsdaten noch nicht vollständig erhoben sind, ist nicht auszuschließen, dass bei der Auswertung der Langzeitdaten abgeschwächte oder andere Effekte bei den Analysen herauskommen oder sich die Aussagekraft dieser verändert.
Paul Endrejat
Ich denke, es sollte klarer zwischen der Arbeitszeit und der Einstellung zur Arbeit unterschieden werden. In meinen Augen ist es ist kein Problem lange und viel zu arbeiten, solange man den Sinn darin erkennt. Zum Glück muss ich mich dabei nicht nur auf mein Bauchgefühl verlassen, sondern bekomme auch empirische Unterstützung:
ten Brummelhuis, L. L, Rothbard, N. P., & Uhrich, B. (2017). Beyond Nine To Five: Is Working To Excess Bad For Health? Academy of Management Discoveries, 3(3), 262–283. https://doi.org/10.5465/amd.20150115
Bianca Wagner
Vielen Dank für das Feedback!
Damit wird ein wichtiger Punkt angesprochen: Welche Motivation liegt hinter dem erhöhten Arbeitsaufkommen?
Eine weitere Frage, die hier noch hinzukommt, richtet sich an die Dauer des erhöhten Arbeitspensums. Geht es um einen Monat, ein halbes Jahr oder 10 Jahre?